Als ich aufwache fällt mir ein, dass ich ein bemerkenswertes Erlebnis vergessen habe zu schildern. Stell Dir vor, Du bestellst Kaffee und Kuchen. Dann fragst Du „quanto custo“ laut GPT wirklich mit „u“ und die Antwort lautet: „5 bis 10 Euro“. Ich habe nur einen 10er, finde das aber zu teuer und will noch ein Eis haben. Der Preis erhöht sich auf 8 bis 16 Euro. Dann bin ich mit zehn einverstanden. Diese Art von Aushandlung gefällt mir.
Die Morgenveranstaltung dreht sich denn auch um Beitragsökonomie. Kurz, der Kapitalismus sei sehr neu und sowohl Mensch und Natur liebte es, sich zu verschenken. Brav gesprochen Benjamin. Desweiteren einige wenige konkrete Zahlen. Um die Strukturen am Laufen zu halten braucht Tamera ca 1.2 mio Euro/Jahr. 0.8 mio Euro bringt eine Gästesaison ein. Ein Teil deckt dann der noch nicht auf 1.000 Menschen angewachsene Förderkreis ab. Wenn also 1.000 Menschen 1.2mio-0.8mio Euro = 400.000 Euro spenden sollen, machte das ca €33/Monat/Nase.
Im Innern der Zwiebel, bemüht Sarah das Bild basiere der Kreislauf auf purer Schenkungsökonomie. Will sagen, wann immer jemand aus der Gemeinschaft mehr brauchte, als das kleine Taschengeld, schriebe bspw. Robert keine Rechnung für Gärtnerei, sondern bitte darum und es würde ihm gegeben. Je weiter nach außen man sich auf den Zwiebelringen bewege, desto mehr Berührung habe man mit der Main Stream Marktwirtschaft. Im Grunde nicht anders als bei uns zu Hause denke ich und dann noch… Ich würde auch gern acht Monate bei gutem Wetter das tun, was ich wirklich mag, um im Winter vom Förderkreis getragen zu werden. Dass aber dies kein Wirtschaftsmodell für den ganzen Planeten sein kann, dürfte einleuchten. Oder springt im Winter dann ähnlich wie bei der Sauerstoffbereitstellung durch Photosynthese, der vielbeschworene „globale Süden“ ein?
Ironie beiseite. Gestern habe ich den erotischen Markt aus biologischer Perspektive beleuchtet. Wenn aber, Konkurrenz und Marktwirtschaft, eben jene Dominanzhierarchien hervorbrächte, die Jordan Petersen in „twelve Rules for life“ so schön am Beispiel in der Tiefsee lebender Hummer verdeutlicht, dann wäre der Kapitalismus nur die Fortsetzung des Neurobiologisch evolutionär tief verdrahteten „The winner takes it all.“ Microsoft und Apple teilen den Markt für Betriebssysteme unter einander auf, Google und Apple wiederum den Handymarkt und sofort. Es gäbe gute und weniger gute biologische Nieschen, die von konkurrierenden Männchen besetzt würden. Die die Hauptlast der Reproduktion tragenden Weibchen wählten dann schlicht die Dominanten Männchen aus, um der nächsten Generation die besten Startbedingungen zu sichern. Wie man diese tiefe biologische Gesetzmässigkeit mit dem Mathäusevangelium oder eben dem heiligen Eros bzw. der Schenkungsökonomie in planetarer Größenordnung in Einklang bringen könnte, ist eine Frage, die mich seit Jahren umtreibt.
Daneben werden in der Morgensession die Projekte vorgestellt, die Geld benötigen. Da wären Hunderettung, Schule/Kindergarten, Gazahilfe und Pilgerreise nach Gaza, Renovierung der Bodega und die Landschafts- und Bauentwicklung. Die letzten zehn Jahre hat Tamera keine neuen Mitstreiter aufgenommen, auch weil lange keine neuen Häuser gebaut werden durften. Zu sehr fürchtete die ansich wohlwollende Administration der Region, dass andere dem Beispiel folgend, einen Bauernhof mit 160 Leuten bevölkern könnten, um ein Dorf draus zu machen. So hat man sich wohl fast darauf geeinigt, eine Ebene drunter eine „Ansiedlung“ zu verbriefen. Das gäbe nach weiteren 80.000 Euro Notar- und Gerichtskosten wiederum die Möglichkeit, Häuser für viele Millionen Euro zu bauen. Naja. Wie sagte ein befreundeter Architekt mal zu mir. Die Wünsche wüchsen im Prozess und das sei gut für ihn. Ich spüre Wohlwollen und höre auch die Stimme, die mir sagt, wenn ich einen Wintergarten haben will, muss ich auch dafür zahlen. Aber Dein Mind Set Jeronimo.
An diesem Tag fühle ich mich etwas einsam. Die Nachmittagssession geht mit Visionen so dahin, ohne dass jemand zum Arzt ginge. Einige junge Erwachsene wünschen sich hier zu leben und dafür eine überwucherte Ruine zu renovieren. Bei einem ursprünglich linksrevolutionären Projekt kann ich nicht anders: „Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt.“ Ob sich tamera der Zukunft zuwenden wird? Es ist wahrscheinlich und steht zu hoffen. Diese Zukunft wird diverser, weniger Deutsch, individualistischer und auch in Fragen von Partnerschaft und Familie weniger kollektivistisch werdenSoviel meine ich nach meinen Gesprächen herausgefunden zu haben. Ob dies aber den Kern der Vision soweit veränderte, dass er nicht mehr treu im Geiste wäre, müssen die älteren mit den jüngeren klären.
Abends gibt’s Pizza aus dem Steinofen. Wahrlich. 150 Pizzen aus dem Steinofen. Hut ab!
Was habe ich gelernt? Der Abschlusskreis vorüber, die Pizza gegessen…
Ich liebe es in der Natur zu sein, Sex ist nicht wirklich mein Thema, besonders dann nicht, wenn ich die zahllosen Komplikationen und das damit verbundene Leid berücksichtige. Ich kann wunderbar mit mir alleine sein und in großen Menschenmengen verliere ich mich bisweilen und die Übersicht gleich mit. Ich war gerne hier und bin gerne wieder zurück, bei meinem viel kleineren Stamm.